In Anbetracht der hitzigen internationalen Diskussionen, Auseinandersetzungen und Streitigkeiten über das Nuklearprogramm Irans empfiehlt es sich, darüber nachzudenken, wie die Gewinn-Verlust-Gleichung dieses NP für das Land, insbesondere in der Nach-Fukushima-Ära, aussieht.
Nun, im Folgenden wird versucht, verschiedene Aspekte der Nukleartechnologie (NT) in der Energiegeneration näher zu betrachten, um ihre Vor- bzw. Nachteile zu beleuchten.
In der Diskussion über dieses Thema werden folgende Aspekte hervorgehoben:
- Ist NT zur Enegiegenerierung von vitaler Bedeutung?
- Kann die NT als Motor des technologischen Fortschrittes gesehen werden?
- It die NT die Basis für andere Technologien?
- Führt die Uran-Anreicherung zur Autarkie in der Stromversorgung?
- Ist der elektrische Strom, der durch NT gewonnen wird, preiswerter?
- Was unterscheidet den Iran von den Ländern, die im großen Maßstab NE generieren?
- Schlussfolgerung: Braucht Iran Atomkraftwerke (AKWs)?
Ist die NT zur Energiegenerierung von vitaler Bedeutung?
Wenn man annimmt, dass die NT für das Land von vitaler Bedeutung und deren Nutzung für die Zukunft des Landes unerlässlich ist, impliziert man damit, dass ein Verzicht darauf die Räder der Produktion zum Stillstand bringen würde mit unabsehbaren Folgen für das Wohlergehen der Bürger des Landes. Das würde auch heißen, dass die Nuklearenergie (NE) nicht ersetzt werden kann.
Nun, ein Blick in die vorliegenden Statistiken über die Energieressourcen Irans zeigt:
Quelle: IAEA Energie und Ökonomie Database[1]
* Erdgasreserven auf den neuesten Stand[15] korrigiert
Aus der obigen Tabelle kann man entnehmen, dass der energetische Wert von Uran-Reserven lediglich 0,08% der Erdgas-, 0,13% der Erdöl- und 8,8% der Hydroreserven ausmacht. Mit anderen Worten ist die NE eine fast vernachlässigbare Ressource für Iran.
Das Volumen der gegenwärtig verifizierten Erdgasreserven Irans beträgt 29600 Milliarden Kubikmeter[15]. Entsprechend der Förderung 2010 und dem Verbrauch 2008 würden die Reserven für 213 bzw. 250 Jahre ausreichen[14], um das Land zu versorgen. Diese Feststellung ist sicherlich eine Momentaufnahme, die durch eine Betrachtung der Dynamik des Verbrauchs sowie des Markts korrigiert werden müsste. Z.B.: Iran wird in Zukunft Erdgas exportieren müssen, so dass eine Erhöhung der Fördermenge erforderlich sein wird.
Auf der anderen Seite könnte die Steigerung der Förderung zum Exportzweck zum Teil durch die Verbesserung der Energieeffizienz und infolgedessen durch die Reduktion des Verbrauchs kompensiert werden. Hierzu besteht ein enormes Potenzial, wenn man bedenkt, dass Iran nach den USA und Russland den höchsten Energieverbrauch sowohl absolut als auch pro Kopf aufweist(2008 Jahresverbrauch absolut in Million m3/pro Kopf in m3:USA 657200 /2190, Russland 457700 /3200 und Iran 119000 /1700). Der absolute und der relative Verbrauch im Iran liegen weit über hochindustrialisierten Ländern wie Deutschland( 1,24- bzw. 1,42-fach), Japan etc. (Deutschland 95970 Million m3/1197m3).
Quelle:
http://www.welt-auf-einen-blick.de/energie/erdgas-verbrauch.php [14]
Offensichtlich wird im Iran eine Vergeudung der Erdgasressourcen betrieben, der durch eine Reihe von Maßnahmen wie die Erhöhung der Effizienz und einer realistischen Preisgestaltung Einhalt geboten werden müsste.
In diesem Zusammenhang wurde die Rolle der Solar- und Windenergie außer Acht gelassen, obwohl sie zwei zukunftsträchtige Technologien zur Energieversorgung darstellen – die Solarenergie in Iran beträgt pro Tag im Jahresdurchschnitt 1800 kWh pro Quadratmeter [1].
Also, aus dem oben Erwähnten kann man leicht schlussfolgern, dass die NE für Iran nicht von vitaler Bedeutung sein kann.
NT als Motor des technologischen Fortschritts?
Es wird bisweilen behauptet, dass Iran durch die Anwendung der NE, insbesondere die Uran-Anreicherung, den Motor für den Fortschritt anwerfen würde, so dass das Land um Jahrzehnte vorwärts befördert worden wäre.
Es ist zwar richtig, dass die Elektrizitätsversorgung und -bereitstellung eine wichtige Voraussetzung für die technische Entwicklung ist. Jedoch die Anwendungen des elektrischen Stroms fragen nicht danach, woher er stammt. Nehmen wir an, dass Iran trotz widriger Umstände in die Lage käme, die Uran-Anreicherung zu meistern, um eine ausreichende Menge elektrischen Stroms zu generieren. Es wird dann nicht von hoher oder minderer Relevanz sein, ob diese Menge über Atomkraftwerke (AKW) oder Gaskraftwerke (GKW) oder wie auch immer erzeugt wird. Beide genannten Methoden beruhen auf state-of-the-art-Technologien, und es gibt nichts Mystisches an der NE.
Ist NT eine Muttertechnologie?
Lassen Sie uns überlegen, ob die NT eine Muttertechnologie und somit die Basis für andere Technologien ist
Grundsätzlich hat NT zwei Kategorien von Anwendungen:
- Energiegewinnung
- Andere vielfältige Anwendungen auf den Gebieten der Industrie, Medizin, Landwirtschaft, Viehzucht, Umwelt, Hydrologie, wissenschaftlichen Forschung, Archäologie, Kriminologie, etc.
Die Energiegewinnung selbst hat zwei Aspekte: a) die momentane Freisetzung der Energie mit einer enormen Zerstörungkraft zur Herstellung von Atombomben und b) die kontollierte, langsame Freisetzung der Energie für die Stromerzeugung in AKWs.
Die zwei Anwendungkategorien der NT haben nur eine marginale Überlappung. Die einzige Überlappung ist, dass für beide Fälle angereichertes Uran benötigt wird. Ein Reaktor eines AKW kann nicht zugleich wie ein Forschungsreaktor zur Herstellung von Radionukliden genutzt werden.
Im Kontrast zur gelegentlichen Annahme ist NT weder eine Mutter- noch eine Schlüsseltechnologie. Die Zeiten ihrer Prosperität gehen zurück auf die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg bis ca. zum Ende der 70-er Jahre des 20. Jahrhunderts. In dieser Periode sind zuerst Länder, die exorbitante Ressourcen für die Herstellung der Nuklearwaffen aufgewendet hatten, auf die Idee gekommen, die bereits getätigten finanziellen Aufwendungen auch für friedliche Zwecke nutzbar zu machen. Die unmittelbare Konsequenz war, dass viele Länder weitere enorme Ressourcen auf dem Feld der NT eingesetzt haben. Es wurden unzählige Institute und Forschungseinrichtungen gegründet, die sich der Forschung verschiedener Aspekte der NT gewidmet haben. Heute aber ist NT weder eine Mutter- noch eine Schlüssel- noch eine Spitzentechnologie.
Eine Blick in die Websites von renommierten Forschungseinrichtungen weltweit, die in den 50-er Jahren in vielen Fällen zum Zweck der Nuklearforschung gegründet worden sind, zeigt eine eindeutige, drastische Abnahme ihrer Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der NT.
Ein Hinweis auf die gegenwärtige Forschungstätigkeit von zwei führenden Forschungseinrichtungen in den USA und zwei in Deutschland zeigt exmeplarisch, wie drastisch die Forschung auf dem Gebiet der Nuklearphysik zurückgegangen ist:
Argonne National Laboratory[2] und Brookhaven National Laboratory[3] in den USA und ehemals Kernforschungszentrum Jülich[4] sowie Kernforschungszentrum Karlsruhe[5]
- Brookhaven National Laboratory wurde im Jahre 1946 unter der Beteiligung der renommierten Universitäten der Ostküste der USA gegründet. Es besteht aus 14 Departments, von denen kein einziges sich ausschließlich mit der NT befasst. Unter den 5 bevorzugten Forschungsthemen gibt es nur eines, das sich mit der NT befasst, das ist jedoch ein Thema, das sich nicht auf den Energieaspekt bezieht.
- Forschungszentrum Jülich, vormals Kernforschungszentrumszentrum Jülich. Es wurde im Jahre 1953 gegründet und bis 1970 waren dessen Aktivitäten ausschließlich auf die Kernforschung fokussiert. Das Zentrum verfügte über zwei Kernreaktoren. Seither sind seine Forschungsschwerpunkte nach und nach in Richtung anderer aktuellerer Forschungsthemen verschoben worden.
Gegenwärtig gibt es unter seinen acht Departments nur eines, das sich mit der NT befasst. Dieses Forschungszentrum befasst sich auch mit Schlüsseltechnologien, ohne die NT dazu zu zählen.
Für die beiden anderen Forschungsinstitutionen ist die Situation vergleichbar.
Es ist zwar auch richtig, dass die Nuklearindustrie mit einem hohen Qualitätsstandard arbeiten muss. Es ist aber historisch nicht belegt, dass Länder, die eine Nuklearindustrie für Energiegewinnung haben, zwangsläufig auf anderen Gebieten der Industrie auf hohem Qualitätsniveau angekommen sind. Beispiele: Russland als eines der ersten Länder der Welt, das AKW produziert hat, Pakistan, Nordkorea. Mit anderen Worten: Solange die Nuklearindustrie auf einer Insel ohne eine organische Verbindung mit einem auf hohem Qualitätsniveau arbeitenden industriellen Umfeld gedeiht, wird sie keinen nennenswerten Einfluss auf die Gesamtindustrie ausüben. Bei einer kohärenten Entwicklung aller Bereiche der Industrie könnte man durch die Interdependenz einen förderlichen Einfluss erwarten.
Führt die Urananreicherung zur Energieautarkie?
Im Allgemeinen könnte die Uran-Anreicherung im Hinblick auf die Autarkie im Energiesektor einen Vorteil darstellen. Lassen Sie uns diesen Sachverhalt partikular für Iran verifizieren.
Ohne ins Detail der Diskussion pro oder kontra einer Betonung der Autarkie in einer von der Arbeitsteilung geprägten, globalisierten Welt eingehen zu wollen, kann man feststellen:
AKWs für die Elektrizitätsgenerierung im Allgemeinen und die Gewährleistung ihrer umfassenden Sicherheit im Besonderen sind hoch komplexe und sensitive Angelegenheiten. Die Anforderung an die Bestandteile und verwendeten Materialien ist extrem hoch, damit ihre Funktionalität unter den außerordentlichen Bedingungen, die in und um die AKWs herrschen, noch zuverlässig erhalten bleibt. Die Konsequenz daraus ist:
- Die Herstellung dieser Bestandteile und Materialien erfordert sehr forgeschrittene Kenntnisse, langjährige Erfahrungen und ausgewiesene Expertise innerhalb der iranischen Wissenschaft, Technik und Industrie. Ein Zustand, der nicht einmal mittelfristig erreichbar ist. Daher wird Iran auf lange Sicht von den Lieferungen aus dem Ausland abhängig bleiben. Die Abhängigkeit Irans von Russland in den letzten 15 Jahren trotz dessen offensichtlicher Vertragsuntreue und Hinhaltetaktik in Bezug auf das AKW von Bushehr ist ein Beleg dafür.
- Gesetzt den Fall, Iran würde die technologischen Hürden für eine industrielle, auf den Weltmärkten konkurrenzfähigen Uran-Anreicherung trotz widrigen internationalen Umfelds überwinden- was äußerst unwahrscheinlich erscheint- , dann ist es gemäß der von IAEA publizierten, auf den Angaben der iranischen Regierung basierenden Informationen so, dass Iran über 3000 Tonnen sicher ausgewiesenen und 20000-30000[1] vermuteten Uran-Reserven verfügt.
Lassen Sie uns überlegen, inwieweit die anvisierte Autarkie der Stromerzeugung im Iran sich bewerkstelligen lässt:
Das beabsichtigte NP Irans beinhaltet 23000 MW, d.h. ca. 23 AKWs. Lassen Sie uns annehmen, dass Iran in der Lage sein wird, 20 AKWs herzustellen und in Betrieb zu setzen.
Jedes AKW verbraucht im Schnitt ca. 100000 SWU (Separation Work Units) pro Jahr äquivalent ungefähr 150 T Uran[6]. In so einem Fall würden die gesicherten und leicht zu exploitierenden Reserven gerade für ca. ein einziges Jahr des NP ausreichen.
Wenn man von den eher optimistischen aber ungesicherten Reserven von 20000-30000 T ausgeht, dann würden die geplanten Reaktoren für ungefähr 10-15 Jahre durch einheimische Reserven versorgt werden können. Nach dem Ablauf dieser Zeit wird Iran gezwungen sein, Uran vom Ausland einzuführen. Nun ist weithin bekannt, dass die AKWs eine mittlere Lebensdauer von 40-50 Jahren aufweisen. D.h., Iran würde in jene ‚abhängige‘ Situation kommen, deren Vermeidung beabsichtigt war.
- Sollte man sich mit einem kleineren NP begnügen wollen, dann macht es auch keinen ökonomischen Sinn, bei einem kleineren Nuklearprogramm für wenige AKWs selbst Uran anzureichern, da es auch wohl bekannt ist, dass eine Produktion im kleinen Maßstab nie profitabel sein kann. Z.B. Urenco, ein multinationales, auf die Anreicherung von Uran spezialisiertes Unternehmen, versorgt mit 23% der Weltproduktion 17 Länder[7].
Ist Nuklearstrom preisgünstiger?
Eine wichtige Frage ist auch, ob und inwieweit die Bereitstellung des elektrischen Stromes mittels der NT preisgünstiger ist. Die ausschlaggebenden Faktoren sind:
- Anfangsinvestitionen: Die Herstellung eines 1000-1200 MW AKW beträgt 4-5 Milliarden Euro (die Kosten für ein z.Z. im Bau befindliches AKW in Finnland, projektiert für 3,5 Milliarden Euro, belaufen sich im Moment auf ca. 5,5 Milliarden Euro). Und für die Errichtung eines 900 MW Gaskraftwerks (GKW) sind ca. 500 Millionen Euro[8] erforderlich, bei einer viel kürzeren Herstellungszeit. D.h., mit der Anfangsinvestition für ein AKW kann man acht GKWs für die gleiche Gesamtleistung errichten.
- Nach den Schätzungen der Rating Agenturen Standard& Poors[16] und Moodys[17] [18] betragen die Investitionskosten für die Bereitstellung von 1 kW Leistung bei neuen Projekten zwischen 4000-7500 $/kW in den USA, was im Vergleich zum GKW mit 800-1200$/kW erheblich höher ist. Ein Expertenbericht für den US-Kongress[13] zeigt auch, dass die geschätzten „overnight“ Kosten für die existierenden AKWs und GKWs 3930-$/kW bzw. 1160,-$/kW betragen. Die Angaben im ‚Nuclear Technology Review 2010‘ der IAEA[11] bestätigen diesen Trend.
Wie verhalten sich die umfassenden laufenden Kosten der Energieproduktion mittels verschiedener Technologien?
Laut Angaben der OECD bewegen sich die unmittelbaren Kosten der Bereitstellung von 1 kWh Energie in den europäischen Ländern für die AKWs im Bereich 0,034-0,059 €/kWh, und für die GKWs 0,026-0,035 m€/kWh [9].
Dies bedeutet, dass selbst für die europäischen Länder, die ihr benötigtes Erdgas über weite Strecken transportieren müssen, immer noch die NE wesentlich teurer ist. Eine Studie des MIT[12] weist in dieselbe Richtung.
Ist das Uran in Anbetracht des explodierenden Ölpreises ein preisgünstigerer Energieträger?
- Auf lange Sicht kann man diese Frage verneinen, da in absehbarer Zeit der Preis aller Energieträger durch die Entwicklung des Ölpreises dominiert und determiniert ist. Eine Extrainsel für das Uran wird es nicht geben. Ein Blick in das folgende Diagramm[10] verdeutlicht diese Feststellung. Insbesondere ist zu beobachten, wie sich der außergewöhnliche Anstieg des Ölpreises um das Jahr 2008 auf den Uran-Preis auswirkt.
- Ein weiterer, für Iran nicht unerheblicher Aspekt ist die Tatsache, dass die Nuklearindustrie zwar sehr kapitalintensiv aber nicht arbeitsintensiv ist. Um ein Beispiel zu nennen: Die USA verfügen über 104 AKWs, die insgesamt 30000 Mitarbeiter beschäftigen. D.h., im Mittel 300 Mitarbeiter per AKW. In einem Land wie Iran, wo jährlich Millionen junge BürgerInnen nach einer Beschäftigungsgelegenheit suchen müssen, ist eine hohe Investition in der NT nicht gerechtfertigt.
Was unterscheidet Iran von den Ländern, die im großen Maßstab NT anwenden?
Laut Angaben der IAEA[11] gibt es gegenwärtig weltweit 437 AKWs in 31 Ländern. Die Länder im Besitz von Nuklearwaffen beherbergen davon 260 AKWs (59%).
Weitere 30% der AKWs befinden sich in den sechs Ländern Japan, Süd-Korea, Deutschland (vor der Abschaltung), Kanada, Schweden und Spanien. Fünf von diesen sechs Ländern sind arm an Energieressourcen. Daher war die Nutzung der AKWs getriggert u.a. durch strategische Überlegungen in Hinblick auf die Diversifikation der Energieressourcen und somit auf die Verminderung der strategischen Verwundbarkeit. Unter den sechs Ländern verfügt nur Kanada mit dem Uran über große Energiereserven. In der Tat, alle 31 Länder mit Ausnahme der USA, Russland und Kanada, leiden mehr oder minder unter einem Mangel an einheimischen Energiequellen. Iran aber verfügt über schier unerschöpfliche Reserven von fossilen- sowie regenerativen Energieträgern. Daher ist es nicht ökonomisch vernünftig, denselben Weg zu beschreiten wie die erwähnten Länder.
Wie stellt sich die Frage nach der Zukunft der NE für Iran in Anbetracht der Katastrophe von Fukushima?
Die Katastrophe von Fukushima markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung der NE weltweit. M.E. ist dieses Ereignis vom 11.März 2011 in seiner Konsequenz für die NE-Politik vergleichbar mit dem 11. Sept. 2001 für die Weltpolitik. Es ist insoweit von einer größeren Brisanz, als es in einem der technologisch höchst entwickelten Länder der Welt stattfand. Es wurde unter Beweis gestellt, welche verheerenden Konsequenzen das häufig bagatellisierte „Restrisiko“ haben kann.
Die in den letzten Jahren angesichts des Treibhauseffekts und der damit einhergehenden tendenziellen Erderwärmung heraufbeschworene Renaissance der NE hat nun höchstwahrscheinlich ein abruptes Ende gefunden. Länder wie Deutschland, die Schweiz, Italien haben beschlossen, sich ganz von NE zu trennen. Selbst in Japan laufen lediglich noch 18 AKWs von 54 und die Regierung hat angedeutet, dass sie den weiteren Ausbau der NE nicht mehr vorantreiben würde. Viele Länder überdenken ihre NP.
In so einer Situation ist es umso weniger vertretbar, dass Iran trotz widriger politischer Umstände, die auch die Kosten des NP hochtreiben, an einem ausgedehnten NP festhält. Wenn schon so ein Land wie Japan, das als Symbol der Qualität, des Veranwortungsbewusstseins und der Genauigkeit gilt, die NT nicht beherrschen kann, dann ist es naheliegend, dass Iran mit der Verfolgung seines NP- ohne Not am Platz – sich selbst großen Gefahren aussetzt.
Was das AKW von Bushehr anbelangt, so muss man mit höchster Vorsicht herangehen. Es ist aus vielerei Erwägungen weit mehr gefährdet als die AKWs von Fukushima:
- Die hybride Technologie Deutsch-Russisch ist auf jeden Fall für die Sicherheit nicht förderlich.
- Das Niveau der technologischen Entwicklung im Iran und in Russland sowie der Qualitätsstandard und das Qualitätsbewusstsein sind in beiden Ländern niedriger als in Japan.
- Die verwendeten Materialien und Teile stammen zum Teil aus den Siebzigerjahren, somit entsprechen sie nicht dem heutigen Standard. Sie waren außerdem in dieser langen Zeitperiode von über 35 Jahren dem natürlichen Verschleiß ausgesetzt. Sie für weitere 40 Jahre zu verwenden, verbirgt in sich sicherlich ein höheres Gefahrenpontenzial.
- Die westlichen Sanktionen gegen Iran haben dem Land die Möglichkeit des Beschaffens der nach dem heutigen Standard erzeugten Teile beraubt.
- Das Hinauszögern der Fertigstellung über viele Jahre hinweg (35 Jahre insgesamt, davon ca. 16 Jahre durch Russland) hat die personale Kontinuität der Ingenieure und der Techniker beeinträchtigt und die individuelle Verantwortung unsichtbar gemacht.
Schlussfolgerung:
Es ist weder im ökonomischen Interesse Irans, ein extensives Nuklearprogramm zu führen, noch in seinem Sicherheitsinteresse. Selbst, wenn man die politischen Implikationen nicht in Betracht zieht, ist die Nicht-Beherrschbarkeit der NTs allein Grund genug, speziell für Iran, auf die Verwendung dieser Technologie zur Stromerzeugung zu verzichten.
Die anderen, nicht-energiebezogenen Anwendungen der NT haben eine große Zukunft sowie eine größere ökonomische Bedeutung und bleiben von dem oben Gesagten unberührt. Sie stellen weder ein unbeherrschbares Sicherheitsrisiko dar noch sind sie international umstritten. Unter einem veränderten politischen Umfeld könnte Iran sich umso mehr hierauf konzentrieren.
Referenzen:
[1] Http://www.iranwatch.org/international/IAEA/iaea-irannuclearpowerprofile-2002.pdf.
[2] http://www.anl.gov/Science_and_Technology/divisions.html.
[3] http://www.bnl.gov/bnlweb/departments.asp.
[4] http://www.fz-juelich.de/portal/ueber_uns/institute_einrichtungen.
[5]http://www.fzk.de/fzk/idcplg?IdcService=FZK&node=0096.
[6] http://www.cameco.com/U_101/U_science/nuclear_fuel/.
[7] http://www.urenco.com/fullArticle.aspx?m=62.
[8] http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1029433.
[9] http://www.nea.fr/html/ndd/reports/2003/nea4372-generation.pdf
[10] http://www.godmode-trader.ch/news/pdf/?ida=802724.
[11] Nuclear Technology Review 2010, IAEA Publication
[12] http://web.mit.edu/nuclearpower/
[13] www.fas.org/sgp/crs/misc/RL34746.pdf
[14]http://www.welt-auf-einen-blick.de/energie/erdgas-verbrauch.php
[15] http://www.welt-auf-einen-blick.de/energie/erdgas-reserven.php.
[16] Which Power Generation Technologies Will Take the Lead in Response to Carbon Controls?” Standard& Poor’s Viewpoint, May 11, 2007.
[17] Moody’s Investors Service, “New Nuclear Generation in the United States: Keeping Options Open versus Addressing an Inevitable Necessity,” October 10, 2007.
[18] Moody/s Investors Service, “New Nuclear Generating Capacity: Potential Credit Implications for US