Der Iran war in antiken Zeiten ein Vorreiter des Postwesens, aber dieses althergebrachte System ist, wie viele andere, über Jahrhunderte verfallen oder in den Interessenskonflikten verkümmert, bis man sich daran gemacht hat, sie neu – und diesmal nach europäischen Mustern – einzurichten. Daran war der Österreicher Gustav Riederer maßgeblich beteiligt. Lesen Sie mit uns die Geschichte der Entstehung des modernen Postwesens im Iran.
Das neuzeitliche Postwesen Irans, dessen Einrichtung am 20.2.1851 (1. Esfand 1229) bekannt gegeben wurde, war wie das Zeitungswesen das Werk Amir Kabirs. Die ersten Pläne zum Aufbau eines regulären Postdienstes hatte schon Abbas Mirza entworfen, und während der Herrschaft Muhammad Shahs war bereits ein Kurierdienst (Chaparkhaneh) eingerichtet worden, der allerdings nur dem amtlichen Briefverkehr vorbehalten war. Über eigene Kuriere verfügten außerdem russische und englische Kaufleute sowie die britische und russische Gesandtschaft.
Anders als der schon bestehende Kurierdienst war die neue Staatspost eine moderne Institution, die wie die Armee und das Bildungswesen der Stärkung Irans nach innen und außen dienen sollte. Als landesweites, allen Schichten und Gruppen zur Nutzung offen stehendes Kommunikationssystem unter staatlicher Leitung sollte sie in gleicher Weise der Beförderung von Informationen wie der Erweiterung des staatlichen Zugriffs auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens dienen.
Die führenden Kräfte der Postverwaltung stammten vom Dar-al-Fonun, der von Amir Kabir begründeten Kaderschmiede für seine neue technokratische Elite in Militär und Verwaltung. Ebenso wurden die Postreiter durch Passierscheine mit dem aufgedruckten Staatswappen, Löwe und Sonne (Shir-o Khorshid) und durch Uniformen als Staatsbeamte kenntlich gemacht. Zugleich versuchte man mit der Einladung an ausländischen Gesandtschaften, ihre Korrespondenz der iranischen Post anzuvertrauen, den Nachrichtenverkehr ins Ausland stärker selbst unter Kontrolle des neuen Postwesens zu bringen.
Nach dem Sturz Amir Kabirs geriet das neue Postwesen zwar wieder in Verfall, die Institution existierte jedoch weiter und eine Neuorganisation zur Wiederbelebung des Postverkehrs wurde immer wieder erwogen. Im Zuge dieser Reformprojekte wurde 1865 (1244 Sh.) eine offizielle Delegation nach Paris entsandt, um dort an der Kaiserlichen Münze die Möglichkeiten des Drucks von Briefmarken für die iranische Post zu studieren. Briefmarken waren ein funktionalistischer Gegenstand, mit dem mühelos die bezahlte Beförderungsgebühr auf Postsachen vermerkt werden konnte und der somit half, den Postbetrieb zu vereinfachen und zu fördern.
Außerdem war das Prinzip der Verwendung von Postwertzeichen zu dieser Zeit schon vielen Iranern durch Beispiele aus den Nachbarstaaten Irans vertraut. Die ersten Briefmarken waren dort bereits einige Jahre zuvor ausgegeben worden, in Russland 1858 (1237 Sh.), in Indien 1852 (1231 Sh.) und im Osmanischen Reich 1862 (1241 Sh.). In Iran selbst wurden die ersten Briefmarken drei Jahre nach der Entsendung der Delegation nach Paris ausgegeben, wobei der älteste erhaltene Beleg eines mit Postwertzeichen frankierten Briefes auf den September 1868 (Shahrivar 1247) datiert ist.
Ungeachtet solcher Neuerungen wurde die iranische Post erst viel später zu einer wirklich modernen Organisation. Während seiner ersten Reise nach Europa hatte Naser al-Din Shah die österreichische Regierung um die Entsendung von Experten für die Neuorganisation des Postwesens gebeten. Daraufhin ist im Mai 1873 (Ordibehesht 1252) der österreichische Postrat Gustav Riederer zum Chef der iranischen Postverwaltung berufen. Obwohl Riederer nur knapp drei Jahre in Iran tätig war, gelang es ihm in dieser Zeit, mit aktiver Unterstützung und Rückendeckung Amin al-Dowle, den wenig leistungsfähigen und schlecht organisierten Postdienst in eine Organisation zu verwandeln, deren Effizienz allgemein anerkannt wurde.
Auch den Briefmarken kam durch die Postreform eine neue Bedeutung zu. Zu den Maßnahmen der Reform gehörten u.a. die Einführung fester Tarife, der nunmehr freie Verkauf von Postwertzeichen sowie die Anweisung, dass nur mit diesen frankierte Briefe befördert werden sollten. Außerdem betrieb Riederer mit Nachdruck die Aufnahme Irans in den Weltpostverein, dem das Land am 1. September 1877 (10. Shahrivar 1256) als eines der ersten Mitglieder beitrat. Dadurch wurde nicht nur Iran in das weltweite Kommunikationssystem integriert und der Briefverkehr ins Ausland wesentlich erleichtert, sondern zudem die Briefmarken Irans nun weltweit als gültige Postwertzeichen anerkannt.
Letztlich hat Riederer durch sein Wirken ganz wesentlich die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Briefmarke in Iran wie auch im Ausland als Propagandainstrument überhaupt wirksam werden konnte. Die Neuorganisation des Postdienstes war schließlich ein Werk, auf das die nachfolgenden Regierungen bis heute aufbauen konnten.