Editorial

Liebe Leserinnen und Leser!

heuer ist das tausendjährige Jubiläum eines Meisterwerks der persischen Poesie. Der berühmte persische Dichter, Ferdowsi, begann um das Jahr 975 den reichen Schatz an Volksüberlieferungen, Sagen und Geschichten im Iran in ein Gesamtwerk für die nächsten Generationen zusammenzufassen. Nicht nur das, seine Absicht war nach eigenem Bekunden auch, die persische Sprache, die durch die Herrschaft von arabischen Potentaten im Iran in der damaligen Zeit langsam aber sicher dabei war, in Vergessenheit zu geraten, wieder zu beleben. Mehr als 30 Jahre lang arbeitete er an seinem großen Werk, am 25. Februar 1010 war Schahname, das iranische Nationalepos „Königsbuch“, vollendet.

Sein Werk war in der Tat ein bis heute nachwirkender Rettungsanker für die persische Sprache. Auch wenn es „Königsbuch“ heißt, kommen darin die Untaten der Herrscher und Könige viel öfter und eindringlicher zur Sprache als deren gute Absichten.

Zu den schönsten und spannendsten Teilen von Schahname gehören die Heldentaten des ruhmreichen Kämpfers Rostam und sein Kampf gegen Ungeheuer. Und als am Ende der gutmütige Held Rostam dem Kämpfer Sohrab eine tödliche Wunde zugefügt hatte, unwissend, dass es sich um seinen eigenen Sohn handelte, und entdeckt, welchen Irrtum er begangen hat, aber durch Intrigen gehindert nicht imstande ist, rechtzeitig das Gegengift zu besorgen, um ihn vor dem sicheren Tod zu bewahren, bricht nicht nur seine Welt zusammen.

In der Zeit, wo es kein Fernsehen und Radio gab, waren es die Erzähler in den Kaffeehäusern des Landes, die nicht nur durch Nacherzählen von diesen und anderen Geschichten und Rezitation aus Schahname unter Beimischung von sehr viel Schauspielkunst, spannend und ergreifend das Volk unterhielten, sie brachten auch diese und andere Botschaften von Ferdowsi unter die Massen.

Es fragt sich nun, ob wir – im festen Glauben, im Recht und auf der Seite der Rechtschaffenen zu sein, ähnlich wie Rostam, als er mit Sohrab kämpfte – nicht auch dabei sind, uns selbst und unseren Kindern die Zukunft zu vergiften. Nicht nur die Meldungen in den Medien über Politik, Wirtschaft und Umwelt, sondern auch die Art, wie die Menschen heutzutage miteinander umgehen, verheißen jedenfalls nichts Gutes.

Herzlichst

Ihr Vereinsvorstand

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