Die Anfänge der Keramikkunst im Iran werden im Allgemeinen mit Beginn der Jungsteinzeit oder des Neolithikum (6500-5500 v. Chr.), in den Dauersiedlungen, in uralten Siedlungen des heutigen Irans, angesetzt. In diese Epoche fallen die frühesten Werke, und zwar die Herstellung von Formen, die möglicherweise in gefälliger Weise eine bestimmte Idee ausdrücken sollten. Diese Werke waren vorwiegend bemalte Keramik- oder kleine Ton-Figuren. Die ältesten solcher Tonfiguren im Iran sind bei der Ausgrabung eines neolithischen Dorfes am Tappe Sarab bei Kermanschah (West-Iran) gefunden worden. Eine davon, die hier abgebildet ist, ist eine weibliche Figur, die „Venus von Tappe Sarab“ [1] genannt wird.
Die archäologischen Ausgrabungen im Iran haben die Kunst des alten Iran ans Tageslicht gebracht. Die ausgegrabenen Tonfiguren vermitteln uns bemalte Keramikarbeiten in Form von Töpfen und Schüsseln, welche die früheren Dorfkulturen des Iran nachweisen. Sie zeigen eine gut entwickelte Keramikkunst, von der ersten Etappe der Tonbearbeitung an, in der die Werke noch nicht gebrannt wurden und keine glasierten Oberflächen vorwiesen.
Um 4000 v. Chr. hatten die Bewohner der Ebenen im Südwesten des heutigen Iran erste Stadtsiedlungen errichtet. Eine von ihnen war die Stadt Susa, die Hauptstadt der Elamiten (Elam-Zivilisation). Als Beispiel für die Keramiken von Susa wird meist ein großer Becher [2] gezeigt, der die Grundzüge der bemalten Keramik des alten Orients am besten verdeutlicht. Die Hauptfigur darauf ist ein Steinbock, dessen Körper aus zwei zusammenhängenden Dreiecken mit gebogenen Seitenlinien geformt ist.

Bauverkleidungskeramik
Die Produktion der Keramik hatte sich in der Baubranche in eine dekorative Richtung entwickelt. In der Achämeniden-Dynastie hat eine Kunstrichtung, eine bestimmte Art der Wandverkleidung, die Palast-Architekten begeistert. Zu Beginn der Ära der Bauverkleidungskeramik wurde das Baurelief des Apadanapalastes in Schusch (Susa), in Südwest-Iran, gestaltet. Unter Daryoush, dem Großen, dem Achämeniden-König, wurden die Außenwände des Apadanapalastes mit Basrelief-Figuren in Menschengröße geschmückt, die die Lanzenträger der königlichen Gardisten präsentieren. Derzeit sind einige von diesen Reliefs im „Louvre Museum, Paris“ zu bewundern.
Brikstück aus der Sassanidenzeit
Nachdem die Bewohner des iranischen Territoriums die bemalte Keramik mit Glasur gefestigt hatten, waren die Meister auf die Idee gekommen, aus verschiedenfärbigen Keramikstücken die Einlege-Kunst zu entwickeln. Hier wurden zu Beginn heilige Orte aus der Vorstellung abgezeichnet, diese Technik blieb in der altorientalischen Kunst bis zur Sassaniden- Zeit lebendig. Auch die Fayencekunst hat, genauso wie viele andere Kunstrichtungen, ihr dunkles Schicksal zwischen 635 n. Chr. (Eroberung Irans durch Moslemaraber) und 1500 n. Chr. (Erholung und Wiederbewegung des Kunst-Bereichs unter der Safaviden-Herrschaft) überlebt. Die Iraner hatten in dieser Periode ihre künstlerischen Fähigkeiten dazu benützt, den okkupanten Moslemarabern beizubringen, die von ihnen in Besitz genommenen königlichen Paläste mit Fayence-Verkleidung zu schmücken.

Man spricht von Palästen der arabischen Kalifen in „Schaam und Aleppo“, den Altstädten des heutigen Syriens, deren Badestuben von iranischen Künstlern mit halbnackten Frauenbildern (handbemalten Miniaturen) verkleidet waren. Die Omayaden-Kalife selbst waren gegenüber solchen Kunstwerken nicht so streng, aber wegen der Bestimmung der Foghaha (Religionsgelehrten) bezüglich des Bilderverbots [3], wurden die Künstler gezwungen, in der Öffentlichkeit auf die figurative Malerei zu verzichten.
Diese religiöse Einschränkung hat die Keramikkünstler in eine andere Richtung geführt, nämlich ihre Kunst mit Blumen- und Pflanzenmotiven zu zeigen. Seitdem wurde im Iran beim Bau einer Moschee eine eigene Kunstrichtung gefunden. Diese neue Fayence hat schnell in allen islamisierten Ländern Platz gefunden und wurde von allen Künstlern der Städte der damaligen islamischen Welt als Vorbild genommen und imitiert. Trotz der strengen Einschränkungen in den eroberten Ländern sind Kunst und Kultur des Irans nicht in der islamischen Gesamtkultur verloren gegangen.
Verkleidung der Wände
Diese neue Richtung spielt seit dem 10. Jahrhundert eine besonders bedeutende Rolle bei der Verkleidung der äußeren und inneren Wände sowie der Kuppeln der Moscheen im Iran. Die Entwicklung dieses Kunstbereichs hat sich blitzschnell vom Iran in alle damaligen islamisch orientierten Länder in den Nahost bis nach Südspanien verbreitet. Die Meister waren überall gefragt. Die Platten wurden mit pflanzlichen Motiven und geometrischen Gebilden verziert. Auf den Produktionen, die für die Verkleidung der Wände der Moscheen bestimmt waren, waren da und dort auch die Koranzitate niedergeschrieben.
Die iranischen Baumeister der ersten Moscheen haben auch die zwei Minarette in die islamischen Moscheen integriert (das Minarett, Nurburg = Lichterturm, das überhaupt eine Erfindung der Iraner/Zarathusta war). Die Verkleidung der Außenwände der Minarette hat auch das Interesse der Künstler geweckt. Im Mittelalter haben Einlegearbeiten in Keramikfliesen ein besonderes Ansehen gefunden und wurden sogar nebenbei zur dekorativen Verwendung erweitert.
In der Zeit des Teymuridenherrschers Schahrokh, ist die Keramikkunst auf ihren Höhepunkt gelangt. Es konnte die mehrfarbige Keramik zum Schmuck der großen Moscheen, der Madreseen und Mausoleen blühen. Wunderbare Beispiele dafür finden wir in Esfahan, Yazd und Tabriz. Der Teymuridenstil ist durch die strenge Symmetrie gekennzeichnet. Was aber vor allem bei dieser Kunst beeindruckend ist, ist die Schaffung eines wahrhaft „persischen Stils“, der sich dann dank der Eroberungen von Teymur Lang (Tamerlans) von Anatolien bis zum Indus-Fluss verbreitet hatte. Es gibt auch einige Kermiken aus Kaschan, die mit Themen aus dem „Shahname“ dekoriert sind.

Das gesamte Repertoire ist in die Kunst des mittelalterlichen Irans eingegangen, die sich wiederum nach Dekorativität, dem Streben nach abstrakten Kompositionen, gerichtet hat. Vom elften Jahrhundert erfahren wir vieles durch doppeltgebrannte goldfarbige Tonware für Verwendungszwecke: Keramik als Wandverkleidung und Haushaltsgeschirr. Als dann die neuen Bestrebungen erfolgreich gelaufen waren, wurden die Baumeister und Künstler beauftragt, die Ausschmückungen der Bauten in Samarkand, Bokhara und Herat durchzuführen. Als Schmuckmotiv dieser Architekturfayence finden sich Blatt- und Rankenwerk, Blumen und Geäst, die nach streng gemustertem Plan in sorgfältig ausgerichteten Iranesken [4] angeordnet werden, um gleichmäßig die vorhandenen Flächen zu bedecken. Die Quellen dieser ornamentalen Formensprache liegen im sassanidischen Zeitalter. Immer wieder findet man z.B. Vasen, aus denen Weinreben aufsteigen, diese sind nichts Anderes als ein Symbol der Unsterblichkeit.
Es war die Stadt „Kaschan“, deren Spezialität die Produktion von blauen Farbziegeln war, die Kobalt, Schwefel und Arsen in ihrer Glasur enthielten. Das diesbezügliche Monopol der Stadt war begründet in dem Herstellungsgeheimnis für diese glasierten Ziegel, die „Kaschi“ genannt wurden, eine Verkürzung des Begriffs „Kaschani“. Diese Dekorationsart hat sich in der seldschukischen Epoche verbreitet, wo sie allerdings noch sparsam Anwendung fand. Eine weitere Entwicklung hat sie in der Mongolenzeit erfahren, in der auch neue Farben aufgetaucht sind. Im 14. Jahrhundert sind dann die ersten Mosaike aus Fayence aufgetaucht, in denen sich Hellblau, Dunkelblau, Weiß und Schwarz finden, wie etwa am Grabmal des Uldschaitu (Soltaniye). Im Zeitalter der Teymuriden sind dann grüne, braune und gelbe Töne hinzu gekommen. Auf dem Gebiet der Keramik hat die iranische Kunst Einzigartiges geschaffen. Die Erprobung und Anwendung verschiedener Techniken sowie die Vielfalt an Formen und Farben zeugen von der Wertschätzung dieses Kulturkreises für die Tonware.
Andererseits erforderte dieses System notwendigerweise den Übergang von der handwerklichen Fabrikation im Kleinen zur Großproduktion mit rationalisierter Arbeitsteilung. Und so ist es seit der 2. Hälfte des 16. Jh. zur Gründung von Manufakturen gekommen, die bereits im 19. Jh. fast die gesamte Herstellung von Fayence, auch teilweise Porzellan, beherrscht haben. Da es sich aber noch um keine maschinelle Produktion gehandelt hat, sondern nur um eine bessere Organisation des Handwerksprozesses, haben die Fayence- und „Keramik“ – Erzeugnisse auch weiterhin den Charakter individuellen Schaffens erhalten, der in Details der Form und in der Ausführung des Dekors deutlich wird. Im Iran ist die Keramikentwicklung mehr oder weniger selbständig verlaufen, unabhängig von der kontinentalen Fayence. Unter den unzähligen Handwerken hat vor allem ihre Fayenceerzeugung Berühmtheit erlangt. Sie konnte hier auf Anhieb zu bemerkenswerten Leistungen gelangen, indem sie unter Verwendung von Blau- und Weißtönen mit wenigen schwarzen Akzenten einen Zusammenklang erreicht hat, der die traditionellen Farben der Keramik von Nischapur und Kaschan wieder zur Geltung bringt.

Fayencemosaik im Bau
Mit ihren Wurzeln fußt die Fayence in Kashan und ihre Erzeugung entwickelt sich gegen Ende des 16. Jh. im Süd-Iran (Fars-Provinz, Minab) in origineller Weise auch in „Bleu Persan“. Die in den vergangenen fünfzig Jahren entstandenen Sammlungen im Iran und in Weltmuseen, umfassen herausragende Werke aus fast allen Perioden und Kunstlandschaften der iranischen Kernstädte. In ihrem archäologischen Wert und ihrer stilistischen Breite kann sie sich mit den Beständen der wichtigsten Museen messen lassen. In prägnanten Einführungstexten und fundierten Werkbeschreibungen stellt der mit hochwertigen Farbabbildungen ausgestattete Band anhand besonders qualitätsvoller Beispiele verschiedene Formen des iranischen Kunstschaffens vor. Mit spektakulären Exponaten vertreten sind die prachtvoll auf Fayence anmutenden Szenen von Miniaturen aus dem Iran, mit ihrem feinen Dekor und ihren märchenhaften Farbgebungen. Hochgeschätzte, ungewöhnliche Keramiken dekorieren, seit Gründung der Safawiden-Dynastie, mit prächtigen Farben und Ornamenten, Innenwände der Schahpaläste und Moscheen. Es gibt zwar einige ähnliche Stücke aus der Sassanidenzeit, aber es wurde sein Entwicklungsprozess erst zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert im Iran in Gang gebracht, in Zeiten, in welchen die iranischen Kunstobjekte in Europa bzw. in den Kunstmärkten nicht häufig präsent waren.
Die unter Shah Sultan Hossein, dem letzten Safaviden-König, entstandenen Schulgebäude wurden nicht mit dem Namen ihres Erbauers bezeichnet, sondern als „Madrase-ye Madarschah“ (Schule der Königinmutter). Dies ist ein Werk voll Neuerungen und des Erfindungsreichtums. So kommt man z. B. bei den Wandverkleidungen zu einer neuen Technik, die –anders als die seit Shah Abbas üblichen Verwendung der mehrfach erwähnten „Kaschi“ – wie beim „Mosaik“ zu den aus einzeln gefärbten Stücken zurückkehrt, diese aber nur noch als Quadrate, Rechtecke, Drei-, Sechs- und Achtecke anfertigen lässt und sie zu streng rechtwinkligen geometrischen Mustern zusammenfügt [5].
Für die Einlegefliesen muss der Künstler die Arbeit in drei Etappen absolvieren. In der ersten wird die große Designarbeit für bestimmte Objekte, nach deren Länge, Breite und Höhe, absolviert. In der zweiten Etappe werden nach Plan jede Menge Quadratfliesen in vorbestimmten glasurfarbigen Stücken zum Brennen erzeugt. Eine große Gruppe von diesen erstgebrannten Fliesen wird als Mutterfliese mit vorgesehenen Farben separiert. Diese Gruppe wird auch, wie hier in der Abbildung zu sehen ist, nach vorbestimmten Mustern gelocht. Dann werden die farbigen zerkleinerten Stücke passend zu den Löchern händisch zerkleinert und im entsprechenden Loch in passender Größe eingesetzt. Zur Befestigung tragen die Künstler auf der Hinterseite der Fliesen weiche, flüssig gemachte Gipspaste auf. Jetzt haben die Künstler alle dem Plan nach notwendigen Einlegefayancenstücke bereitgestellt, die jetzt planmäßig an der Wand aufgetragen werden.
Die Blütezeit für jede Art von iranischer Kunst ist der Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts unter der Pahlavi-Dynastie im Iran, weil diese Zeit durch die finanziell unterstützenden Maßnahmen der Regierung fast für alle Kunstbranchen im Iran eine Erfolgs- und Entwicklungsperiode war.
Literatur:
- Kunstschätze aus Iran, R. Ghirshman
- Der Alte Orient, B. Horouda
- Die Kunst Persiens, V. Loukonin, A. Ivanov
- Alt-Iran, Edith Porada
- Erika Bleibtreu, 7000 Jahre persische Kunst, S. 41
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Fussnoten:
- 1. Kunstschätze aus Iran, R. Ghirshman
- 2. Erika Bleibtreu, 7000 Jahre persische Kunst, S. 41
- 3. Beim Christentum wurde genauso, bis zum achten Jahrhundert, jede Art von Bilderzeugnissen verboten. Erst danach haben da und dort manche Künstler begonnen, zuerst in ihrem Privatbereich und dann in den Kirchen Schmuck und Bilder einzubringen.
- 4. Diese Motivbezeichnung wurde nicht genau recherchiert, sondern immer wieder als „Arabesk“ bezeichnet, wobei man bei diesen Motiven, wenn man die initiierten Grundlagen in Betracht nimmt, herausfinden wird, dass in den Ursprungsländern der Araber in jener Zeit weder solche Blumen noch andere ähnliche Motive zu finden sind. Daher müsste man für die richtige Bezeichnung im wissenschaftlichen Gebiet gründlich recherchieren und nur nach den richtigen Beweisobjekten suchen.
- 5. Welt der Perser, Seite 94